Gedanken zum ersten Aufbaulehrgang 1979/80
Von Harald Lichtmannegger
Die Idee zu einem ergänzenden Aufbaulehrgang zur Handelsschule reifte bereits im damaligen Direktor Josef Walter, als er Monika Egerbacher, eine Freundin seiner Tochter kennenlernte. Sie wollte die HAK-Matura nachmachen und erkundigte sich bei ihm über die verschiedenen Möglichkeiten. Von dieser Art von HAS-Absolventen dürfte es noch mehrere in Direktor Walter‘s Bekanntenkreis gegeben haben. Diese Erkenntnisse, gepaart mit der Absicht, dem HAS-Lehrkörper in Telfs eine Steigerung des Lehrauftrages in Aussicht zu stellen, dürften die anfänglich treibenden Kräfte von Herrn Dir. Walter gewesen sein. Ich darf behaupten, dass ohne seine Initiative, seine Weitsicht, sein mutiges Betreiben des Projektes für die meisten von uns Erst-Absolventen die Berufs-Karrieren viel bescheidener ausgefallen wären. Wir sind Herrn Direktor Walter deshalb zu tiefem Dank für seine damaligen Bemühungen um den Aufbaulehrgang Telfs verpflichtet!
Einige von uns hatten nach Abschluss der HAS schon den Plan gefasst, die Abend-HAK absolvieren zu wollen, die ganze Problematik einer Doppelbelastung von Beruf und Schule in Kauf nehmend. Der Aufbaulehrgangs-Schulversuch versprach eine höhere Erfolgsquote, weil kürzer, kompakter und unter Umständen auch finanziell leichter überbrückbar.
Von einem geplanten Schulversuch „Aufbau-Lehrgang HAK“ erfahren hatte ich persönlich aus dem Lehrkörper der HAS Wörgl im Frühling 1979. Ein erstes Informationstreffen unter Leitung des Schulinspektors gab es kurz darauf in Telfs an der Schule. Dieses Treffen war sehr gut besucht, die Aussagen des damaligen Schulinspektors waren jedoch ernüchternd, desillusionierend, beinahe Angst einflößend. Infolge dessen hatten viele der damals sich Informierenden es erst gar nicht versucht. Zum Schuljahresbeginn im Herbst 1979 ging es los mit 36 Teilnehmern, zu Weihnachten hatte schon ca. ein Drittel das Handtuch geworfen. Die Gründe waren vielfältig: zu wenig Zeit, um 100%ig die Schulbank zu drücken, fordernde Familien im Hintergrund, falsche Vorstellungen, finanzielle Probleme, Lernschwierigkeiten usw. Wir waren ja ein bunt gemischter Haufen, eine breite Palette vom eben ausgeschulten Handelsschüler bis zum gestandenen Familienvater und Leiter eines Handwerksbetriebs.
Anfangs war die Nervosität unter den Schülern und auch im Lehrkörper groß, der
Schulversuch sollte ja abgebrochen werden, wenn er nicht erfolgreich sein sollte – so die
Drohung des Schulinspektors. Eine diesbezüglich illustre Bemerkung eines Lehrers im Unterricht, ein altbekanntes Kinderbuch zitierend: „……und dann waren‘s nur noch 9…..“. Weihnachten war eine große Hürde, ein erstes Ziel. Danach hatte sich herausgestellt, dass der Schulversuch doch „eine ganz normale Schule“ war. Von da an lief es unaufgeregter, planbarer, ein Lernrhythmus hatte sich eingestellt.
Anfänglich war der Konkurrenzdruck unter den Schülern groß, man war sich fremd. Erst nach einigen Wochen hatten sich Lerngruppen gebildet, was sehr hilfreich war.
Das Lehrpersonal rekrutierte sich großteils aus der HAS Telfs, die speziellen HAK-Fächer
Mathematik, Französisch, Geschichte etc. wurden mit motivierten und erfahrenen HAKLehrern aus der HAK Innsbruck besetzt. Die Beobachtung der Schüler aus Lehrersicht und die Kommunikation der Lehrer untereinander über uns Schüler dürfte speziell in der Anfangszeit sehr intensiv gewesen sein, was sich letztlich nur als vorteilhaft erwiesen hat. Für eine nicht kleine Zahl von männlichen Schülern stellte das Vinzenz-Gredler-Heim mit dem damaligen Heimleiter eine große Hilfe dar. Ein Dach über dem Kopf, geregeltes Essen und vor allem fix eingeteilten Studierzeiten wie für die sonst im Heim wohnenden ganz jungen Gymnasiasten mit Morgen-, Nachmittags- und Abend-Studium waren extrem leistungsfördernd. Der Lehrplan war für die vorgesehene Zeit von nur 2 Jahren sehr dicht, viele anstrengende Nachmittags-Unterrichte waren nötig. Die jetzige Dauer von 3 Jahren dürfte sich entzerrend auf die Gesamt-Gestaltung des Aufbaulehrganges ausgewirkt haben.
Abschließend darf ich sagen: Wenn ich auf der Autobahn an der Schule vorbeifahre kommen angenehme Erinnerungen in mir hoch. Sicherlich waren diese beiden Jahre fordernd, anstrengend und durchwachsen. Aber sie waren für die allermeisten von uns Erstabsolventen ein Sprungbrett in Berufskarrieren. Aus unseren Kreisen sind u.a.
hervorgegangen: Ärzte, eine Universitätsprofessorin, Lehrer, ein Vorstand einer großen Firma, leitende Angestellte, ein Flugkapitän…… Ohne Dir. Walter, der Schule in Telfs und dem damaligen Lehrkörper hätten wir dies nicht geschafft. Ein herzliches DANKE an alle damals Beteiligten am ersten Aufbaulehrgang in Telfs!
Söll im Mai 2020